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Projektplanung + Struktur
20.08.2020

Was dir in deiner Dissertation wirklich im Weg steht…

 

„Ich hab einfach keine Ahnung, wie ich diese ganzen Aspekte meines Themas unter einen Hut bringen soll!“

Die Eingrenzung des Dissertationsthemas ist wohl eines der dringlichsten Anliegen, mit denen KundInnen zu mir kommen. Sie versuchen engagiert und oft schon lange, ihre Forschung zu bezwingen. Und stellen dabei hohe Ansprüche: jetzt oder nie soll ALLES recherchiert, zusammengestellt und bearbeitet werden, was zu diesem Thema relevant und wichtig ist.

Gleichzeitig kommen sie seit Monaten nicht voran, weil sie angesichts dieser hohen Erwartungshaltung und Ansprüche an das eigene Projekt wie gelähmt sind.

 

Wie schafft man das denn, in einer Dissertation alles über ein Thema zu schreiben?!

 

Ja … gar nicht eben!

Und ich möchte in solchen Momenten immer meine Stirn gegen die nächstbeste Wand hämmern.

Nicht, weil es falsch wäre, als WissenschaftlerIn möglichst viel über ein Thema herausfinden und weitervermitteln zu wollen (das ist großartig und lobenswert und der Grund, weshalb wir hier sind!), und auch nicht, weil meine KundInnen nicht klug und kompetent genug für ein solches Bestreben wären, aber weil eine Dissertation dafür einfach nicht der geeignete Rahmen ist!

In diesem Artikel zeige ich dir:

  • was der Grund #1 ist, aus dem viele Dissertationsprojekte scheitern,
  • was eine Doktorarbeit konkret leisten muss, um erfolgreich zu sein
  • und wie du vor diesem Hintergrund deine Arbeit optimal ausrichten kannst.

Was eine Dissertation ist – und was nicht

 

Beginnen wir doch mal ganz am Anfang.

Eine Dissertation ist – genauso wie eine Bachelorarbeit, eine Masterarbeit, Diplomarbeit oder Habilitationsschrift – eine Qualifikationsarbeit. Du zeigst mit dem Fertigstellen und Einreichen dieser Arbeit, dass du auf einem bestimmten Niveau wissenschaftlich seriös arbeiten kannst.

Das verlangte Niveau nimmt dabei von Stufe zu Stufe zu:

  • in der Bachelorarbeit trägst du noch weitgehend fremde Forschungsergebnisse zusammen,
  • in der Master- oder Diplomarbeit bettest du diese schon in einen etwas größeren Bedeutungsrahmen ein,
  • in der Dissertation legst du erstmals eine erkennbare eigenständige Forschungsleistung vor und
  • in der Habilitation führst du diese eigenständige Forschung auf einem noch komplexeren Level weiter.

 

Vereinfacht gesagt geht es also auf den unterschiedlichen Niveaus von Qualifikationsarbeiten darum, zum einen eine wissenschaftlich seriöse (d.h. transparente, nachvollziehbare, objektive,…) Arbeitsweise zu demonstrieren und zum anderen ein wachsendes Maß an eigenständiger Forschungsleistung in diese Arbeit einfließen zu lassen.

Und weil man das nun einmal am besten an einem konkreten Beispiel tun kann, wählst du zu Beginn deines Projekts ein Thema, an dem du diese Qualifikationen unter Beweis stellen wirst.

 

Es ist nicht mehr und nicht weniger als das.

 

Und da liegt auch schon das Problem: denn die meisten Arbeiten, denen ich begegne, sind vor diesem Hintergrund VIEL zu ausufernd angelegt!

Ihre AutorInnen stellen (oder erfahren von außen?!) den Anspruch, möglichst alles zu einem gewählten Forschungsgegenstand aufzuarbeiten. Die implizite Forderung ist, dass nach dieser Arbeit nie wieder irgendjemand etwas über dieses Thema zu sagen, geschweige denn zu schreiben haben könnte.

 

Aber so funktioniert Wissenschaft nicht. Und eine Dissertation noch viel weniger.

 

Lass mich dir sagen: eine Doktorarbeit kann und muss nicht mehr sein, als ein Puzzlesteinchen im größeren Rahmen ihres jeweiligen Faches. Ein durchdachtes, gut recherchiertes und solide aufgearbeitetes Puzzlesteinchen – ja! – aber ein Teil und nicht das große Ganze!

Für manche ist das frustrierend und enttäuschend.

Wo bleibt denn da der Wert der eigenen Arbeit? Die Relevanz? Du wolltest doch mit deiner Dissertation grundlegende Fragen deines Faches neu definieren, zum Um- und Neudenken anregen, vielleicht sogar über die Grenzen deiner Disziplin hinaus den Anstoß für Veränderungen geben!

Aber du musst bedenken: du bist ein Ein-Frau/Mann-Unternehmen mit entsprechend begrenzten persönlichen und zeitlichen Ressourcen, nicht ein EU-Projekt mit 20 internationalen Partnerinstitutionen und einem millionenschweren Budget im Hintergrund.

Nur weil ein Thema in seiner ganzen Fülle und Komplexität spannend und wichtig zu bearbeiten wäre, bedeutet das also nicht automatisch, dass du es auch im Rahmen eines Dissertationsprojektes adäquat umsetzen kannst.

Wer das nicht ausreichend berücksichtigt, findet sich oft in einer furchtbar mühseligen, langwierigen und frustrierenden Arbeit wieder, die mehr und mehr ausufert und niemals zu einem Ende zu kommen scheint.

Und wenn nur du vor diesem unglücklichen Schicksal bewahrt bleiben könntest, würde ich schon jetzt jubeln und tanzen!

 

So grenzt du dein Dissertationsthema erfolgreich ein

 

Mein Rat ist also einfach: fokussiere dich in deiner Doktorarbeit auf ein klar definiertes und begrenztes Detail eines Themas! Auf etwas, das du wirklich in die Tiefe bearbeiten kannst, anstatt immer weiter in die Breite zu gehen.

Das hilft nicht nur dir selbst, einen guten Überblick über dein Projekt zu behalten, sondern wirkt sich auch noch positiv auf den Wert deiner Arbeit in ihrem Fachumfeld aus: denn nur eine Arbeit, die sich in einer logisch nachvollziehbaren Form nach links und rechts abgrenzt, kann auch die Funktion des besagten Puzzlesteinchens leisten, an das andere mit ihrer eigenen Forschung wiederum sinnvoll andocken können – und so gemeinsam und schrittweise den Fachbereich immer weiter voranbringen.

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Jetzt kenne und höre ich natürlich auch den berechtigen Einwand, der in diesem Zusammenhang oft vorgebracht wird: „Aber wo soll ich denn da die Grenze ziehen? Das gehört doch alles irgendwie zusammen!“

Das ist ein wichtiger Punkt, der auf jeden Fall Aufmerksamkeit und Überlegung verdient.

Deine Themeneingrenzung sollte natürlich nicht willkürlich gewählt sein. An einem beliebigen Punkt die Recherche, Datenerhebung oder Bearbeitung abzubrechen, nur weil du bemerkst, dass deine Arbeit ansonsten zu umfangreich wird, ist nicht empfehlenswert.

Eine sinnvolle Themeneingrenzung lässt sich aber mit ganz einfachen Mitteln erreichen. Drei mögliche Vorgehensweisen findest du hier:

  • Über Vergleiche (Du wählst also zB nicht das gesamte Werk Darwins als Untersuchungsgegenstand, sondern drei ausgewählte Werke, die du einander vor einem bestimmten Hintergrund oder hinsichtlich einer bestimmten Frage gegenüberstellst und sie in Beziehung zueinander setzt.)
  • Über konkrete Fallbeispiele (Du untersuchst also zB nicht die gesamte österreichische Berichterstattung zum Thema Klimawandel, sondern wählst zwei besonders prägnante Ereignisse oder Phänomene aus, deren mediale Aufarbeitung du fundiert analysieren kannst. Fallbeispiele können wirklich unendlich vielfältig sein.)
  • Über eng gesetzte örtliche, zeitliche oder thematische Schwerpunkte (Du analysierst also zB nicht das gesamte Regierungsprogramm Maria Theresias, sondern nur jene Teile, die die Einführung der Schulpflicht behandeln. Achtung dabei: zeitliche Schwerpunkte sollten sich am besten logisch aus dem Untersuchungsgegenstand ableiten lassen, d.h. mit dem Beginn, dem Ende oder einer markanten Zäsur zusammenfallen, die dein Untersuchungsgegenstand bereits mit sich bringt! Genauso sollten örtliche oder thematische Schwerpunkte logisch gesetzt sein, d.h. entlang von Grenzen, die in deinem Thema tatsächlich bedeutsam sind.)

 

Du siehst: mit nur wenigen Kniffen kannst du deinen Untersuchungsgegenstand deutlich eingrenzen, präzisieren und sicherstellen, dass du dich nicht so leicht in deinem Thema verlierst.

Und was machst du jetzt mit den vielen spannenden Aspekten, Fragen und Ideen, die im Zuge einer rigorosen Themeneingrenzung wegfallen mussten?

Das, was seriöse WissenschaftlerInnen machen: sie notieren und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgreifen. Vielleicht kannst du sie im Rahmen eines künftigen Projekts, einer separaten Publikation oder einem Vortrag verwerten. Aufgeschoben heißt nicht aufgehoben!

 

Mein Fazit?

Grenze dein Dissertationsthema so eng wie möglich ein! Ja, manchmal braucht es Mut, vielversprechende Aspekte eines Themas wegzulassen, damit du dich ganz auf dein Kernthema einlassen und konzentrieren kannst.

Aber solange du dich nicht davon löst, alles über dein Thema jetzt und hier und gleich bearbeiten zu wollen, wirst du wahrscheinlich an die weiteren Punkte deiner wissenschaftlichen Laufbahn gar nicht erst kommen – und dieser Preis wäre doch wirklich zu hoch, oder?!

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