5 Tipps von der Expertin: So lektorierst du erfolgreich selbst den Text deiner Dissertation
Gastbeitrag von Tanja Giese (Wissenschaftslektorin, korrekt. Lektorat)
Der Schreibprozess deiner Dissertation neigt sich dem Ende und nun fragst du dich: „Brauche ich eigentlich auch ein Lektorat?“ Da diese Frage viele Promovierende beschäftigt, erkläre ich dir als erfahrene Wissenschaftslektorin in diesem Artikel, worauf du beim Lektorat deiner Dissertation gezielt achten solltest.
In diesem Blogartikel zeige ich dir:
- was in einem professionellen Lektorat überhaupt passiert und was ein Lektorat von einem Korrektorat unterscheidet,
- wie du selbst für den finalen Feinschliff deines Textes sorgen kannst (und welche praktischen Tools dich dabei unterstützen können)
- und wann es Sinn macht, deinen Text einem Profi anzuvertrauen.
Was passiert in einem Lektorat?
Im Erstgespräch mit meinen KundInnen stelle ich immer wieder fest, dass viele nicht wissen, was ein Lektorat eigentlich ist. Nicht selten wird es mit dem Korrektorat verwechselt. Hier gilt es jedoch zu unterscheiden:
Im Korrektorat geht es allein um die rein formale Optimierung des Textes. Dabei werden Fehler in Rechtschreibung, Zeichensetzung und Grammatik korrigiert, Schreibweisen von Fachbegriffen und Namen vereinheitlicht und die Erfüllung der formalen Vorgaben für Quellenangaben und Literaturverzeichnis überprüft.
Beim Lektorat stehen hingegen die Sprache und der Inhalt des Textes im Mittelpunkt. Damit einher geht die Optimierung von Aufbau und Struktur, Satzbau und Stil, Kohärenz und Verständlichkeit sowie Wortwahl, Ausdruck und Satzstellung. Am Ende eines Lektorats ist deine Arbeit also nicht nur formal korrekt, sondern auch verständlich und flüssig zu lesen. Dadurch vermeidest du gefährliche Missverständnisse auf Seiten deiner GutachterInnen!
Wie ein Lektorat funktioniert
Als Wissenschaftslektorin führe ich im Rahmen des Lektorats immer auch ein Korrektorat durch. Hierfür nutze ich den Nachverfolgungsmodus in Word, damit meine KundInnen jede Korrektur nachvollziehen können. Lektoratshinweise – z. B. bei unklaren Formulierungen, logischen Ungereimtheiten oder ungünstigen Satzstellungen – hinterlege ich in Form von Kommentaren. Diese werden anschließend von den Schreibenden geprüft, in den Text eingearbeitet oder auch abgelehnt. Dadurch bleibt das Lektorat übrigens legal, denn inhaltlich dürfte ich in den Text deiner Dissertation nicht eingreifen (Stichwort: Selbstständigkeitserklärung). Er soll ja deine Eigenleistung bleiben!
Die gründliche Prüfung im Lektorat ist vor allem deswegen notwendig, weil du als VerfasserIn oft so sehr in deine Arbeit verstrickt bist, dass du beginnst, Rechtschreibfehler und Co. einfach zu überlesen. Da dir als Person vom Fach prinzipiell alle Hintergründe und Fakten bekannt sind, lassen sich inhaltliche Lücken durch die Nähe zum Text nicht mehr wahrnehmen. Dennoch sollte deine Arbeit so aufgebaut und formuliert sein, dass sie prinzipiell auch von Laien verstanden werden kann.
Der einfachste, sicherste (natürlich aber auch kostspieligste) Weg zum Feinschliff deines Textes deiner Dissertation führt über einen Profi. Doch nicht immer ist die Arbeit eines Profis nötig – denn auch du selbst kannst hier wichtige Aufgaben übernehmen. Die folgenden 5 Tipps zeigen dir, worauf du achten solltest, wenn du deine Arbeit selbst lektorierst.
5 Tipps für ein erfolgreiches Selbstlektorat deines Dissertationstextes
Tipp 1: Lass deinen Text ruhen
Die wichtigste Zutat für ein gründliches Lektorat ist der frische Blick. Du hast dich monate- oder sogar jahrelang mit deinem Dissertationsthema beschäftigt und unzählige Stunden vor der Tastatur gesessen, um deinen Text zu Papier zu bringen. Entsprechend bist du nicht nur ExpertIn auf deinem Gebiet, sondern leider auch fachblind geworden. Damit du das fehlende Komma, die unschöne Wiederholung eines Arguments oder den stilistischen Bruch auf Seite 87 überhaupt wahrnehmen kannst, solltest du auf Abstand gehen und deinen Text ruhen lassen. Die berühmte „Nacht drüber schlafen“ wird bei einem so umfangreichen Projekt wie einer Disserationsschrift nicht ausreichen. Im besten Fall gönnst du dir ein paar Wochen Urlaub von deinem Text und deinen Augen somit eine „Dissertationspause“. Du wirst erstaunt sein, was du plötzlich alles entdeckst, wenn du nach der Auszeit dein Dokument wieder öffnest und dich frisch an die Arbeit machst!
Tipp 2: Checke nochmal die Vorgaben
In den ersten Gesprächen vor der Verschriftlichung deiner Dissertation bekommst du üblicherweise auch eine Reihe von Vorgaben an die Hand, die dein Text erfüllen muss. Dazu gehören z. B. die formalen Aspekte (Schriftgröße, Seitenränder etc.), der gewünschte Zitierstil sowie die Form des Genderns. Diese Hinweise solltest du dir am besten in einem Dokument als eine Art Leitfaden abspeichern – wenn du nicht ohnehin einen solchen von deiner Doktormutter oder deinem Doktorvater erhalten hast.
Während des Schreibens können einzelne Aspekte der Vorgaben in Vergessenheit geraten. Selbst wenn du zwischendurch immer mal wieder einen Blick in deinen Leitfaden wirfst, spielt er am Ende des Schreibprozesses für deinen Feinschliff eine besonders wichtige Rolle. Denn nun kannst du strukturiert überprüfen, ob du tatsächlich durchgängig alle Vorgaben erfüllt hast oder doch zwischendurch unbemerkt anders gegendert oder eine abweichende Zitierform gewählt hast.
Tipp 3: Lies deinen Text laut vor
Der wissenschaftliche Stil ist stets nüchtern, distanziert und sachlich. Er zeichnet sich also durch eine präzise Wortwahl, einen verständlichen Satzbau und die Vermeidung von Füllwörtern aus. Diese Kriterien sind beim stillen Lesen nur schwer zu überprüfen. Daher empfehle ich dir, für deinen Feinschliff auf den Gang zur Bibliothek zu verzichten und stattdessen einen Arbeitsort zu wählen, an dem du deinen Text laut lesen kannst. Der auditive Input hilft dir dabei, holprige und unnötige Formulierungen ausfindig zu machen.
Bedenke, dass es sich dabei nicht um einen Schnelllese-Wettbewerb handelt. Wenn du dir beim lauten Lesen Zeit lässt, kannst du dabei eine andere Perspektive auf deinen Text einnehmen. Dadurch kannst du besser beurteilen, ob deine Argumentation klar und überzeugend ist und deine Ideen logisch aufgebaut sind. Das ist übrigens eine effektive Technik, die auch von vielen SchriftstellerInnen und RedakteurInnen verwendet wird, um ihre Arbeit zu verfeinern und zu optimieren.
Tipp 4: Nutze technische Hilfsmittel
Wenn du die Rechtschreibprüfung in deinem Schreibprogramm aktiviert hast, warst du sicher schon das ein oder andere Mal dankbar, dass dich rote oder blaue Unterstreichungen auf peinliche Tippfehler hingewiesen haben. Diese und ähnliche technische Hilfsmittel kannst du gezielt für das Lektorat deines Textes nutzen.
Auch ich nutze in meiner täglichen Arbeit gern den Word Editor. Zwar sind seine Grenzen schnell erreicht, weil er den Sinn eines Satzes nicht erfassen kann. Um versehentliche Buchstabendreher zu entdecken, eignet er sich aber wunderbar.
Ein weiteres nützliches Hilfsmittel für dein Lektorat ist LanguageTool, das du entweder online oder als Plug-in für dein Schreibprogramm nutzen kannst. Wie beim Word Editor ist hier jedoch Vorsicht geboten: Komplexe und kontextuelle Fehler kann auch dieses Tool nicht erkennen. Allerdings kann LanguageTool mit hilfreichen Synonymvorschlägen dazu beitragen, dass du deinen Text von störenden Wiederholungen befreist. Zudem kann es unterschiedliche Sprachen erkennen, während jedes fremdsprachige Wort in einem deutschen Text für den Word Editor einen Fehler darstellt.
Apropos andere Sprachen: Schreibst du deine Dissertation auf Englisch, kann ich dir Grammarly empfehlen. Dieses Tool kannst du ebenfalls in der Online-Version (bis zu 100.000 Zeichen) oder als Plug-in nutzen. Zwar sind die Funktionen in der kostenlosen Version begrenzt, dennoch leistet die dahinterliegende KI gute Dienste, wenn es um die Sinnerfassung eines Textes geht, z. B. wird „affect“ in „effect“ geändert, wenn dies der Kontext verlangt.
Sicherlich achtest du bereits penibel darauf, jedes fremde Gedankengut entsprechend mit Quellenangaben zu belegen. Nach zahlreichen Plagiatsskandalen, die durch die Medien gingen, ist verständlicherweise die Befürchtung groß, unwissentlich plagiiert zu haben. Um Sicherheit zu gewinnen, dass deine Paraphrasierungen dem Original nicht versehentlich zu ähnlich sind, kannst du PlagScan nutzen. Dieses Tool gibt es nur in der Bezahlversion, wobei sich der Preis nach dem Textumfang richtet. Doch diese Investition lohnt sich: Du lädst dein Dokument hoch und erhältst anschließend einen detailierten Bericht, welche Textstellen gefährlich ähnlich zu welcher (online verfügbaren) Quelle sind. Das erlaubt dir, entsprechend gezielt einem möglichen Plagiatsvorwurf vorbeugen.
Tipp 5: Prüfe die formalen Aspekte im Übersichtsmodus
Ganz gleich, wie deine formalen Vorgaben im Detail aussehen, Einheitlichkeit ist immer das oberste Gebot! Ob z. B. die Abstände zwischen Überschrift und Text immer gleich sind, kannst du schnell im Übersichtsmodus checken. In Word wählst du hierfür den Reiter „Ansicht“ aus und klickst anschließend auf „Mehrere Seiten“. Dann kannst du fix durch dein Dokument scrollen und die Formalitäten auf Einheitlichkeit überprüfen.
Fazit: Selbst lektorieren, beste Freundin fragen oder Profi engagieren?
Meine Tipps helfen dir dabei, selbst für eine seriösen Feinschliff deines Textes zu sorgen und grobe Patzer zu vermeiden. Doch auch wenn es dir gelingt, mit dem nötigen Abstand dein Geschriebenes mit einem frischen Blick zu betrachten, kann es immer noch eine Herausforderung sein, diese fremde Perspektive auf den Text einzunehmen.
Hier kann dir ein Kollege oder deine beste Freundin helfen. Sie können dir Hinweise auf Unverständlichkeiten geben, weil sie sich nicht intensiv mit dem Thema beschäftigt haben und entsprechend noch nicht fachblind sind. Sei dir aber bitte bewusst, dass ein Lektorat ausgesprochen zeintintensiv ist und einen großen Freundschaftsdienst darstellt. Zudem sollte die Person, die du um ein Lektorat bittest, die nötige Expertise in Sachen sprachlicher Richtigkeit und Stil-Know-how mitbringen.
Wenn du stattdessen auf Nummer sicher gehen willst, kann ein professionelles Lektorat für dich der richtige Weg sein. Das gilt insbesondere dann, wenn es dir in der Vergangenheit schwergefallen ist, deine eigenen Fehler zu identifizieren. Vielleicht hast du sogar schon mal die Rückmeldung bekommen, dass dein Text sprachlich nicht überzeugend ist oder zu viele Fehler enthält.
Da ein gründliches Lektorat nicht von heute auf morgen erledigt ist, solltest du auch den Spaßfaktor nicht unterschätzen. Stellen sich bei dir also die Nackenhaare auf, wenn du daran denkst, deinen Text nochmal pingelig genau zu überarbeiten, macht es Sinn, jemanden für diese Arbeit zu engagieren.
Zuguterletzt solltest du den Zeitaufwand nicht unterschätzen. Oftmals rückt die Deadline gefährlich nahe, wenn sich der Schreibprozess dem Ende neigt. Hast du dann nicht mehr ausreichend Zeit zur Verfügung, um den Text ruhen zu lassen und den nötigen Abstand für den Feinschliff zu gewinnen, kann eine Lektorin oder ein Lektor die Rettung sein. Von meinen KundInnen höre ich immer wieder, dass mein Lektorat ihnen Sicherheit und Ruhe schenkt – schon während des Schreibens. Anstatt sich in der Suche nach der perfekten Formulierung zu verlieren, können sie sich auf meine Expertise verlassen und dadurch voll und ganz auf ihren Inhalt konzentrieren.
Natürlich kostet das Lektorat eines Profis Geld. Möchtest du deine Dissertation aber glanzvoll und mit dem guten Gefühl der Sicherheit abschließen, kann es eine sehr gute Investition sein. Spielst du mit dem Gedanken, ein professionelles Lektorat deiner Dissertation in Auftrag zu geben, melde dich gern bei mir unter tanja.giese@korrekt-lektorat.de.
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